Skulpturenpark-Projekt 2025 | Borrowed Scenery

„Bevor die Landschaft je ein Refugium für die Sinne werden kann, ist sie schon das Werk des Geistes. Ihre Szenerie ist ebenso aus Schichten der Erinnerung zusammengesetzt wie aus Gesteinsschichten,“ schreibt der Historiker Simon Schama. In dem Bewusstsein, dass unsere gebaute Umwelt ebenso sehr von immateriellen Kräften wie von festen Materialien geprägt ist, rückt die Ausstellung Borrowed Scenery die Idee des Lantz’schen Parks als einen konstruierten Raum in den Mittelpunkt, der historische Erzählungen und gesellschaftliche Dynamiken über die Zeit hinweg in sich trägt.

Der aus der japanischen Gartengestaltung stammende Begriff „Borrowed Scenery“ (jap. Shakkei), dt. „geliehene Landschaft“, bezieht sich auf die bewusste Rahmung und Einbeziehung der umgebenden Landschaftsmerkmale in die Gestaltung eines Gartens. Im Falle des Lantz’schen Parks schließt dies auch die Vergangenheit ein. Errichtet auf den Fundamenten eines Herrenhauses aus dem 13. Jahrhundert und geprägt von aufeinander folgenden Eingriffen, die historische Umbrüche politischer Systeme und kultureller Narrative widerspiegeln, ist der Park heute eine konstruierte Landschaft, in der sich Vergangenheit und Gegenwart ineinanderschieben und überlagern. Im 19. Jahrhundert, zur Zeit Preußens, erwarb die Familie Lantz, die durch den kolonialen Gewürzhandel zu Wohlstand gekommen war, das Gelände und ließ die heutige Villa Lantz errichten. Für die Umgebung des Hauses beauftragte die Familie 1858 den Landschaftsarchitekten Joseph Clemens Weyhe, einen englischen Landschaftsgarten zu gestalten. Weyhe, Mitglied einer Großfamilie von Landschaftsarchitekten, die Parks im gesamten Rheinland sowie in Berlin gestalteten, dient auch als Verbindung zum zweiten Ausstellungsort des Projekts: der Vitrine im Hentrichhaus des Künstlerverein Malkasten, dessen Garten – ebenso wie den benachbarten Hofgarten – die Familie Weyhe mitgestaltete. So wird für die Ausstellung eine historische und räumliche Achse quer durch die Stadt gebildet.

Etwa hundert Jahre nach der Schaffung des Lantz’schen Parks wurde während des Zweiten Weltkriegs ein Bunker unter dem Gelände gebaut, dessen verfallener Eingang heute noch sichtbar ist. Die Idee für den Lantz’schen Skulpturenpark und die Ausstellung zeitgenössischer Kunst in dieser aufgeladenen Landschaft geht zurück auf den Düsseldorfer Avantgarde-Galeristen Alfred Schmela, der 1975 seine gleichnamige Galerie im Lantz’schen Park eröffnete und in der Villa Lantz im Herzen des Parks auch lebte und arbeitete.

Im Kontext des Lantz’schen Skulpturenparks geht das ursprüngliche Konzept von „geliehener Landschaft“ über das Visuelle hinaus und umfasst auch historische, materielle und sinnliche Dimensionen. Denn all diese zum Teil verdeckten Geschichten, sich wandelnden Kräfte und ihre Spuren formen das Gelände des Parks nach wie vor – auch wenn sie nur als Echos, Fragmente und überlagerte Überreste räumlicher Anordnungen existieren, die unsere Wahrnehmung prägen. Borrowed Scenery möchte diese Verflechtungen freilegen und zugleich neue Perspektiven in das komplexe Verhältnis von Erhaltung, Ausradierung und Neuinterpretation einschreiben. Die eingeladenen Künstler:innen setzen sich mit den latenten Kräften auseinander, die in die Landschaft eingebettet sind – mit einem psychischen Terrain, das ebenso sehr von Erinnerung geformt ist wie von den sich durch den Park ziehenden Wegen, den hoch aufragenden Bäumen, strategisch platzierten Zierfelsen und historischen Skulpturen. Die Arbeiten fungieren als Sensoren, die Unausgesprochenes verstärken, und erkunden, wie die Landschaft nicht nur als Bühne dienen kann, sondern aktiv an der Konstruktion von Erinnerung und Selbstverständnis beteiligt ist. Die Kunstwerke können angelegte Perspektiven auf subtile Weise unterwandern oder neue Erzählungen in die Landschaft einschreiben.Borrowed Scenery lädt die Besucher:innen ein, den Park als ein lebendiges, dynamisches Archiv zu erfahren, in dem sich Geschichten fortwährend unter den eigenen Füßen verschieben.

Kuratorin: Stephanie Seidel
Kuratorische Assistenz: Silja Lenz

Die Eröffnung findet am Sonntag, den 29. Juni 2025, von 13 – 15 Uhr im Lantz’schen Park statt und ab 18 Uhr im Künstlerverein Malkasten. Die Ausstellung ist bis zum 7. September 2025 zu sehen.

Borrowed Scenery  ist ein Projekt der Kunstkommission Düsseldorf und wird gefördert durch das Kulturamt Düsseldorf, die Kunststiftung NRW sowie dem Bureau des arts plastiques des Institut français Deutschland.

Weitere Informationen unter:
www.kunstkommission-duesseldorf.de/projekte/lantzscher-skulpturenpark

Instagram:
@borrowedscenery_duesseldorf
@kunstkommission_duesseldorf

 

TERMINE 

BOTANISCHE FÜHRUNG
17. August 2025, 15:00 Uhr
Spaziergang durch die Skulpturen und Pflanzenwelt des Parks mit Silja Lenz
Um Anmeldung wird gebeten unter: skulpturenparkduesseldorf@gmail.com
Ort: Haupteingang zum Park

ROUND TABLE „Borrowed Sceneries“
2. September 2025, 19:00 Uhr
mit Kirsty Bell, Dara Friedman, Bettina Funcke u.a.
Ort: Künstlerverein Malkasten, Jacobistr. 6a, Düsseldorf
Moderation: Stephanie Seidel
(In englischer Sprache)

FINISSAGE
7. September 2025, 16:00–18:00 Uhr
Ort: Lantz’scher Park

 

KÜNSTLER:INNEN

Edith Dekyndt (geb. 1960, Ypres, Belgien) lebt in Brüssel und Berlin. Einzelausstellungen u.a. im Bourse de Commerce, Paris; WIELS, Brüssel; und auf der 57. Biennale in Venedig 2017. Ihre Arbeiten sind vertreten u.a. in den Sammlungen des Centre Pompidou, Paris; Museum of Modern Art, New York; MUDAM Luxemburg; und Kunstmuseum Liechtenstein. Von Juli bis Oktober 2025 zeigt die Kunsthalle Bielefeld Dekyndts erste institutionelle Einzelausstellung in Deutschland.

Mimosa Echard (geb. 1986 in Alès) lebt in Paris. Einzelausstellungen u.a. bei Amant, New York; im Palais de Tokyo, Paris; in der Collection Lambert, Avignon; und im Dortmunder Kunstverein. 2022 erhielt sie den Prix Marcel Duchamp.

Dara Friedman (geb. 1968, Bad Kreuznach) ist eine in Miami arbeitende Künstlerin und Filmemacherin. Einzelausstellungen u.a. im Aspen Art Museum; Hammer Museum, Los Angeles; Museum of Contemporary Art Detroit; Public Art Fund, New York; in The Kitchen, New York; im Kunstmuseum Thun; und SITE Santa Fe statt. Zu ihrer Überblickausstellung Dara Friedman: Perfect Stranger im Perez Art Museum Miami (2017-18) ist ein Werkverzeichnis erschienen.

Benjamin Hirte (geb. 1980 in Aschaffenburg) lebt in Wien und Berlin. Einzelausstellungen u.a. im MAK Center, Los Angeles; Kevin Space, Wien; Museo Canonica, Rom; und Zollamt – MMK, Museum für moderne Kunst Frankfurt präsentiert.

Allison Katz (geb. 1980, Montreal, Kanada) lebt und arbeitet in London. Einzelausstellungen u.a. im MIT List Visual Arts Center, Cambridge, Massachusetts; Nottingham Contemporary, Nottingham; Camden Art Centre, London. Ihre Arbeit wurde auch 2022 in der Gruppenausstellung The Mild of Dreams auf der Biennale in Venedig gezeigt. 2024 inszenierte sie die Gruppenausstellung House of the Trembling Eye im Aspen Art Museum, Colorado.

Nancy Lupo (geb. 1983, Flagstaff, Arizona) lebt in Los Angeles und Berlin. Einzelausstellungen u.a. im Kunstverein für Mecklenburg und Vorpommern in Schwerin; Museum of Contemporary Art, San Diego; Swiss Institute, New York; LAXART, Los Angeles.

 

KURATORIN

Stephanie Seidel ist die Monica and Blake Grossman Kuratorin am Institute of Contemporary Art, Miami (ICA Miami). Seit 2016 hat Seidel hier zahlreiche Ausstellungen kuratiert, zuletzt als Co-Kuratorin von „Zilia Sánchez: Topologías / Topologies“, „Marguerite Humeau: *sk*/ey-“, „Michel Majerus: Progressive Aesthetics“ und „Avery Singer: Unity Bachelor“. Weitere Ausstellungen umfassen Überblicksausstellungen für Judy Chicago und Chakaia Booker sowie umfassende Retrospektiven für Thomas Bayrle und Allan McCollum. Von 2021 bis 2023 organisierte Seidel die Ausstellung „Betye Saar: Serious Moonlight“ in Zusammenarbeit mit 49 Nord 6 Est – Frac Lorraine, Metz (Frankreich) und dem Kunstmuseum Luzern (Schweiz). Neben vielen weiteren hat sie u.a. Ausstellungen für Avery Singer, Anthea Hamilton, Ellen Lesperance und William N. Copley organisiert. Zukünftige Projekte umfassen Einzelausstellungen für Miriam Schapiro, Mildred Thompson und Olga de Amaral.

Bevor sie zum ICA Miami kam, war Seidel Interimdirektorin des Neuen Aachener Kunstvereins sowie Kuratorin des Projekts „25/25/25“ für die Kunststiftung NRW in Düsseldorf. 2014 gründete sie außerdem den Projektraum Between Arrival & Departure in Düsseldorf. Seidel hat zahlreiche Monografien herausgegeben und Katalogbeiträge verfasst.

Seidels Arbeit wurde mit verschiedenen Auszeichnungen gewürdigt, darunter der Barbara Nessim Curatorial Travel Award für ihre grundlegende Forschung zur Künstlerin Betye Saar – insbesondere im Zusammenhang mit der Ausstellung „Betye Saar: Serious Moonlight“, die sich mit Saars immersiven, ortsspezifischen Installationen seit 1984 befasste.

Text: Silvia Lenz, Stephanie Seidel
Fotos: Silvia Lenz

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